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SAM FOCUS 03 | 2021

Wenn Gott verwundert Die Hoffnung bleibt S. 13

Sprachbrücken Mit Sprachen über Grenzen S. 17

Menschen in Not (K)ein Alltagsproblem S. 9

GRENZEN? los!

EDITORIAL

INHALT 02 Editorial

Luisa Vonarburg Redaktionsverantwortung SAM focus

Luisa Vonarburg

03 Ganz persönlich Andreas G. 04 Eiltempo ist kein Thema Martha G. 06 Grenzenlose Berufung Jürg Pfister 07 Glaube mitten im Sturm Abel 08 Zwischen Schweizer Präzision und guineischer Funktionalität Sämi W. 09 Menschen in Not – (k)ein Alltagsproblem Luisa Vonarburg mit Tabea Oppliger 11 Mit meinen Grenzen versöhnt Andreas Boppart 12 Rezept-Idee Beat Roggensinger 13 Wenn Gott verwundert Naemi S. 13 Vertrauen, trotz allem Priska M.

Vor ein paar Wochen war ich zielstrebig auf dem Weg in einen Supermarkt. Mit meiner Schutzmaske über Mund und Nase war meine Brille mehr ein Nebelschild als eine Sehhilfe. Trotzdem nahm ich am Eingang die Verkäufe- rin der Surprise-Hefte wahr. Während ich dann meine Einkäufe erledigte, wurde mir bewusst, wie gesegnet ich bin. Es ist nicht selbstverständ- lich, dass man genügend Einkommen hat – gerade wäh- rend der Corona-Pandemie. Und da trat das vernebelte Bild wieder in Erscheinung – die Frau am Eingang. Eine Entscheidung Oftmals haben wir im Leben die Möglichkeit zu entschei- den. Sei es für oder gegen etwas, offensichtlich oder un- klar, mit Grenzen oder ohne. Viele unserer Mitarbeitenden imAusland sind ständig mit beiden Welten konfrontiert. Zum einen sind die Möglich- keiten begrenzt, die Armut kann überfordernd sein und es sind nicht immer die nötigen Ressourcen vorhanden, um überall helfen zu können. Zum anderen zeigt sich eine Grenzenlosigkeit durch den Glauben an einen Gott, für den nichts unmöglich ist. Klare Sicht Während ich meine Einkäufe bezahlte, bekam ich klare Sicht. Nicht durch meine Brille, sondern im Herzen. Ich hatte den klaren Eindruck, dass ich der Frau eine Freu- de machen und sie «sehen» sollte. Ich traf die Entschei- dung, das Offensichtliche wahrzunehmen und zu handeln. Ich kaufte einen Blumenstrauss und schenkte ihn ihr. Ihre Augen strahlten! Sie überlegte nicht lange und schenkte mir eins ihrer Hefte. Obwohl wir uns nicht kannten und aus völlig anderen Welten aufeinandertrafen, hatten wir beide eine Grenze überwunden und einen Schritt aufein- ander zu gemacht. Mit den folgenden Artikeln geben wir dir die Möglichkeit, dich inspirieren zu lassen. Inspirieren von Menschen, die Grenzen überwunden haben, durch Grenzen (noch) zu- rückgehalten werden und von Geschichten, wo Wunder und Durchbrüche bereits passiert sind.

Luisa Vonarburg, Kommunikation

02

GANZ PERSÖNLICH

14 Liebevolle Offenheit Aimée M. 15 Radioprogramm mit

Während neun Wochen war ich als pensionierter Mittel- stufen-Lehrer im Tschad, um am Lehrerseminar der Evan- gelischen Kirche «Allgemeine Methodik» zu unterrichten. Ich hatte die Möglichkeit die Studierenden zwei Wochen lang im Praktikum zu begleiten. Das war zwar nicht so geplant, erwies sich aber als hilfreich, weil es eine gemein- same Erlebnisgrundlage gab. Hier einige kleine Einblicke in meine Erlebnisse: • Da stand ich also 19 Studierenden gegenüber, die alle zwölf Jahre französische Schulerfahrungen hatten und alle besser französisch sprachen als ich. Das kann ja lustig werden, dachte ich und die Studierenden wahr- scheinlich auch! • Ich solle nicht nur am Anfang beten, sondern auch am Schluss – wurde gewünscht. Prompt habe ich eine Rüge eingefangen, weil ich es am Schluss oft vergessen habe. Viele tragen den Wunsch in sich, die Gute Nachricht in der Schule weiterzugeben. Die Bibel ist als oberste Au- torität anerkannt. • BeimMathematik-Unterrichten realisierte ich, dass mei- ne ehemaligen Sechstklässler/innen in der Schweiz doch nicht so schlecht waren. Die Mehrheit meiner Studieren- den mit BAC-Abschluss zeigten schwächere Leistungen. • Es ist am Nachmittag im Unterricht 44 Grad heiss. Ein Student meinte tröstlich, die Temperatur könne auch noch auf über 50 Grad steigen. • Einen Zirkel haben sie selber noch nicht in den Hän- den gehabt. Deshalb schätzten sie es, dass ich ihnen ei- nen schenkte. Und mit einer zehn Meter langen Schnur improvisierten wir einen Zirkel im Sand – ganz schön praktisch und anschaulich. • Wie ich eine Klasse mit 70 Kindern unterrichten würde, wurde ich gefragt. Weil ich mir das schon vorher über- legt hatte, konnte ich ihnen ein Konzept zeigen, das ei- nem Mehrklassenmodell entspricht. Das haben sie mir erstaunlich gut abgenommen. • Höhepunkt des Unterrichts: Vier Studierende singen et- was vor. Ich tanze dazu. Ob sich meine Frau so fest ge- freut hätte wie die Studierenden, weiss ich nicht sicher. Hat sich der Einsatz gelohnt? Wenn ich rechne, dass viel- leicht die Hälfte der Studierenden etwas mitnimmt, wovon die zukünftigen 55 Schülerinnen und Schüler pro Klasse (Durchschnitt im Tschad) profitieren könnten, komme ich auf 550 Kinder pro Jahr. Dann finde ich, dass sich mei- ne Arbeit und das Überwinden von Grenzen gelohnt hat!

weitreichender Ausstrahlung Isac S.

16 Grenzen?los!

Mitarbeitende berichten

17 Sprachbrücken Cédric Ch. 18 «Nicht mein Problem!» Helen M. 19 #be sent Jobs bei SAM global 22 Finanzpuls Peter Röthlisberger

Zum Titelbild dieser Ausgabe: Sämi W. war als Kurz- zeiter mit SAM global in Guinea. Erfahre mehr zur Geschichte hinter dem Foto auf Seite 8.

Andreas G. Pensionierter Lehrer war im Facheinsatz Tschad

Aus Sicherheitsgründen verzichten wir bei unseren Mitarbeitenden im Ausland auf den Nachnamen.

03

Martha mit Frau S.

Frau S. mit ihrer Mutter

Frau S. in ihrem Dorf

Frau S. mit ihrem Pastor

Frau S. auf einem Dreirad

EILTEMPO IST KEIN THEMA 30 Jahre lang habe ich mich für Leprapatient/in- nen in Macenta, Guinea, eingesetzt. Gemiedene und ausgegrenzte Personen fassten Mut und fanden ihre Menschenwürde wieder.

Matte am Boden. Weil sie an Händen und Füssen verstüm- melt war, schützte sie sich mit Tüchern vor den Blicken der Leute. Beim Vorbeigehen sprach mein Mitarbeiter sie an und ermutigte sie, keine Angst vor uns zu haben. Sehr scheu und zurückhaltend schaute sie uns an. Wir fanden einen geschütz- ten Ort, wo wir mit ihr sprechen konnten. Ihre Füsse woll- te sie uns auf keinen Fall zeigen, aber an ihren Händen ohne Finger sahen wir genau, dass sie Lepra hatte. Wir verspra- chen ihr, wiederzukommen, trotz der Distanz von 170 km. Beim zweiten Besuch konnte sie ihre Scham überwinden und zeigte uns ihre Füsse. Sie waren voller Wunden – ein trauri- ger Anblick. Langsam wuchs eine Vertrauensbeziehung, bis Frau S. schliesslich den Schritt ins CHRS in Macenta wag- te und andere von Lepra betroffene Menschen kennen lern- te. In den darauffolgenden Jahren freuten wir uns über ihr zunehmendes Selbstvertrauen und ihre wachsende Lebens- freude. Wir durften sogar erleben, dass sie sich Jesus anver- traute, zu einer strahlenden Frau wurde und wieder zu ihrer Familie zurückkehrte. Gottes Güte ist grenzenlos Für Leprapatient/innen wie Frau S. sind Not, Armut, Lei- den, Hoffnungslosigkeit und Angst vor Ausgrenzung bitterer Alltag. Was für eine Freude, wenn sie entdecken, dass Got- tes Wahrheit auch ihnen gilt: seine Hilfe, seine Freude, Mut, Hoffnung, Güte und Wohlwollen. Aber oft braucht es viel Zeit und Ausdauer.

Die Worte aus einem Lied: «Schritte wagen im Vertrauen auf einen guten Weg», kommen mir spontan in den Sinn. Dieser Satz hat sich in meinem Leben unzählige Male als vertrau- ensvolle Wahrheit erwiesen. Wenn ich es wagte, auf Gott zu hören und nach seinen Worten zu handeln, erlebte ich, wie Grenzen, die ich mir gesteckt hatte, gesprengt wurden. In den 30 Jahren in Macenta erlebte ich sehr viele Situatio- nen, die mich zum Staunen brachten. Ich denke da vor allem an die Jahre, in denen ich mit meinen guineischen Freunden das Wiedereingliederungsprojekt für geheilte, aber beein- trächtigte Leprapatient/innen leitete. Durch meine begrenz- ten Vorstellungen zögerte ich oft, die Dinge mutig aus Got- tes Perspektive zu betrachten und danach zu handeln. Ich bin Gott sehr dankbar, dass er mir geduldige und mutige Mit- arbeitende zur Seite stellte. Gemeinsam erlebten wir immer wieder, dass bei Gott kein Ding unmöglich ist (Lukas 1,37). Dies trotz meinen und unseren Grenzen in Bezug auf so vieles. Ein langer Weg Ich kann mich noch gut an Frau S. erinnern: Sie verkaufte kleine Dinge auf dem Markt und sass dabei auf einer alten

04

Mein Chauffeur Samuel, mit dem ich tausende von Kilome- tern zurücklegte, sagte an meinem Abschiedsfest: «Ich habe einen anderen Namen für Martha. Sie heisst Soma – die Un- erschrockene. Sie wagt Schritte, wo andere zurückschrecken. Sie schläft auf unzumutbaren Pritschen und ist unerschütter- lich, wenn es darum geht, zu den Beeinträchtigten in die ent- legenen Dörfer zu gelangen. Wo kein Auto mehr hinkommt, überwindet sie die restliche Strecke zu Fuss.»

In den 30 Jahren ist mir bewusst geworden: Grenzen werden manchmal nicht im Eiltempo überwunden.

Martha G. Ehem. Mitarbeiterin Macenta, Guinea

Leprapatient/innen in der Waldregion Guineas 1982 - 2020

3500

3000

2500

Neue Patient/innen Patient/innen Ende Jahr

2000

1500

1000

500

0

Jahr

Übersicht der Lepra-Arbeit in Guinea über 38 Jahre: die Erfolge sind nun ersichtlich. (Quelle: Daten SAM global – Stefan Strahm, 2021)

Frau S. ist eine von Tausenden von Lepra-Patient/innen, die dank der Arbeit von SAM global behandelt wurde und dabei Zuwendung und Liebe erfahren durfte. Ende 1981 kamen die ersten SAMglobal-Mitarbeitenden inMa- centa an und begannen bald darauf, Lepra-Kranke zu behandeln – zuerst nur im damaligen Centre Médical (heute CHRS). Ab 1987 dehnte sich die Lepra-Arbeit in Zusammenarbeit mit dem guineischen Gesundheitsministerium in der ganzen Waldregion Guineas aus. Dies führte zu einem starken Wachstum von neu diagnostizierten Patient/innen und auch zu einer höheren Zahl von registrierten Patient/innen am Jahresende. Für das Jahr 2000

plante die Weltgesundheitsorganisation WHO die «Elimination der Lepra als öffentliches Gesundheitsproblem». Diese Kampa- gne führte nochmals zu einem Anstieg der neu diagnostizierten Fällen in den Jahren um 1997. Das Ziel von weniger als einem/ einer Leprapatient/in pro 10´000 Einwohner/innen wurde für die Waldregion Ende 2002 erreicht. Aber noch immer werden neue, bisher noch nie behandelte Personen mit Lepra gefunden, die Therapie brauchen. Die Arbeit ist noch nicht zu Ende.

Obschon es anfangs nach wenig Erfolg aussah, ist rückblickend das Wirken Gottes erkennbar.

05

ZWISCHEN SCHWEIZER PRÄZISION UND GUINEISCHER FUNKTIONALITÄT

verwunderlich, wenn man beim Au- tofahren die Hupe mehr braucht als den Blinker, Reis nicht nur zum Zmit- tag, sondern auch zum Frühstück ver- schlingt undMilitärkontrollposten nur mit der richtigen Dosierung von Ge- plauder und Humor überwunden wer- den. Diese Dinge waren es auch, die die Grenzen meines Vorstellungsvermögens leicht verschoben haben. Gerade dann, wenn du dich über ein Auto mit einer Ziege auf dem Dach verwunderst, hat das nächste Fahrzeug garantiert eine Kuh geladen. Und eine Ziege. Nichts ist unmöglich Mit der Zeit wurden all diese Eindrü- cke, die meinen Schweizer Verstand an seine Grenzen brachten, normal. Erst als ich zu begreifen begann, dass ich be- züglich Autos beladen, Sauberkeit und vielen weiteren Dingen wohl der einzi- ge im Land bin, bei dem Grenzen über- haupt existieren, gelang es mir, mich da- rauf einzulassen. Nun scheint es so, als ob ich alle Gren- zen hinter mir gelassen und freie Fahrt habe, um die Welt zu retten. Das schei-

tert aktuell noch an zwei Punkten: Ei- nerseits sind für eine freie Fahrt die Strassen viel zu schlecht. Andererseits kommt spätestens nach einigen Kilome- tern die nächste Grenze, die es zu über- winden gilt. Gerade Kanten Und so erlebe ich es auch ganz per- sönlich. Die grosse, gleichzeitig für je- dermann verständliche, offensichtliche Grenze der ungewohnten Kultur ist ak- tuell nicht mehr meine grösste Heraus- forderung. Vielmehr merke ich, wie ich durch meine tägliche Arbeit immer wie- der vor Grenzen stehe. Mich fordert es sehr heraus, eine gesunde Mischung zwischen Schweizer Präzision und gui- neischer Funktionalität zu finden. Die zu Beginn beschriebenen Eindrücke ste- hen stellvertretend für so viele Situatio- nen in meinem Alltag, wo ich an Gren- zen stosse. Es kann eine gute Idee sein, bei der ich genau wüsste, wie ich sie umsetzten würde. Doch die Schrau- ben dazu fehlen oder sind bereits wie- der kaputt. Es fehlt so wenig. Nur eine Schraube. Aber eben, sie fehlt. Womöglich brauchte es diese anfäng- lichen Frustrationen über den manch- mal so beschwerlichen Weg zum Ziel. Doch in Guinea gibt es für alles Lösun- gen. Und diese gemeinsam mit moti- vierten, jungen Guineern zu finden, be- deutet mir mehr als jede gerade Kante.

Wenn man nachts von Qualitäts- schrauben zu träumen beginnt, ar- beitet man möglicherweise in einer guineischen Werkstatt. Lasst mich von Grenzen erzählen, die ich mit einem Hammer überwunden habe und wie mir eine Ziege dabei ge- holfen hat. Spätestens als ich das «Schraubenla- ger» an meinem neuen Arbeitsort in Guinea gesehen habe, wusste ich: Da kommt etwas auf mich zu. Vorsichtig ausgedrückt ist das Sortiment «über- schaubar». Mit dem habe ich gerech- net. Doch ich hätte es tatsächlich nicht für möglich gehalten, dass solch miese Qualität tatsächlich existiert – wirklich nicht. Manche hier erhältliche Schrau- ben sehen in ihrem Leben genau zwei Mal ein Werkzeug: das erste Mal beim einmaligen Anziehen und das zweite Mal beim Lösen der vermurksten Mut- ter vom abgetragenen Gewinde. Mit dem Hammer. Und roher Gewalt.

Mein neues Zuhause Für einige Monate war Guinea mein neues Zuhause: Mein Leben ist äusser- lich ein ganz anderes geworden. Nicht

Sämi W. Ehemaliger Kurzzeiter ProTIM 2-2-2 Kissidougou, Guinea

08

Guineisch beladen kennt keine Grenzen

MENSCHEN IN NOT – (K)EIN ALLTAGSPROBLEM

Aktiv werden mal anders Als in Tabea vor sieben Jahren die Idee für ein soziales Un- ternehmen heranwuchs, hatte sie nur ein kleines Teil des Puz- zles vor sich – im übertragenen Sinn. Sie hatte die Wahl, aus dem Puzzle ein ganzes Bild entstehen zu lassen oder es bei dem einen Teil zu belassen. Am Anfang hatte die Angst die Oberhand. Doch mehr und mehr hat sich Tabea mit dem Thema auseinandergesetzt, Fakten gesammelt und bewusst keine Berührungsängste zugelassen. So war es möglich, den ersten Schritt zu machen. Auch heute noch ist es Tabea ein Anliegen, dort hin zu gehen, wo niemand hin geht – zu sehen, was wenige sehen möch- ten. Auf die Frage, wie das möglich sei, meint Tabea: «Nur wenn wir wie Jesus jeden Morgen Zeit in der Stille verbrin- gen und hinhören.» In diesen stillen Zeiten bekommt Tabea Anliegen aufs Herz, die sie dann mit in den Alltag nimmt und bestmöglich umsetzt. Dies erleichtert es ihr, nicht an Men- schen in Not vorbeizuhetzen. Was viele nicht wissen Man müsse nicht alle Antworten kennen und könne und solle sich auch Hilfe holen. Es sei okay und gut, zu seinen eigenen Grenzen zu stehen. Menschen bedingungslos zu begegnen und sie zu lieben, sei eben ein Prozess. Learning by doing. Fehler zu machen ist kein Versagen, sondern eine Lehre. Das weiss Tabea aus eigener Erfahrung: «Setze deine Talente ein, öffne Augen und Mund – aber es geht nicht um dich. Es geht dar- um, den/die Nächste/n zu lieben wie sich selber – um Gren- zen zu überwinden und Leben zu verändern.»

Tabea Oppliger hat mit ihrem sozialen Unternehmen vielen Menschen eine zweite Chance gegeben. Da- durch wurden Leben verändert, sie hat Mut bewie- sen und Grenzen wurden überwunden. Als «Macher- typ» scheint ihr dies in die Wiege gelegt zu sein. Wie «Grenzen überwinden» möglich wird und wir Men- schen in Not im Alltag begegnen können – Tabea Oppliger im Gespräch mit Luisa Vonarburg: Offenheit und Nächstenliebe sind für Tabea der Inbegriff des alltäglichen Lebens. Schon ihre Eltern hatten für Fremde im- mer einen Platz am Tisch. «Es gab kaum eine Mahlzeit ohne Gäste», sagt die dreifache Mutter. Die vorgelebte authenti- sche Nächstenliebe hat in vielen Leben einen Unterschied ge- macht. «Es war inspirierend und ein Privileg, damit gross zu werden. Ich habe etwas bekommen, das gebe ich nun weiter.» Tabea ist überzeugt: «Wenn jemand einfach mal anfängt zu machen, dann ziehen viele nach. Es muss halt nur eine/r den Anfang machen.» Um Grenzen zu überwinden, reiche es aus, bei Leuten nachzufragen, was sie brauchten. Nur sei das schon der Punkt, wo viele scheitern würden: «Die Leu- te sind zu beschäftigt, so auf sich konzentriert, dass sie die Not der anderen gar nicht sehen.» Ermutigend sei für Tabea, dass man nicht mal etwas besonders gut können oder haben müsse, um zu geben. Um die unsichtbaren Grenzen der Not überschreiten zu können, gehören aus ihrer Sicht Mut, offe- ne Augen und ein kleines Ego zu den entscheidenden Fakto- ren. «Wenn ich von meinen Kindern wissen will, was ihnen fehlt, gehe ich auf die Knie, begebe mich auf ihre Augenhö- he und frage nach. So simpel ist es mit Fremden in Not», sagt sie und fügt an: «Du kannst nicht mehr, als du kannst.»

Luisa Vonarburg Redaktionsverantwortung SAM focus

«Mitten im Schmelztiegel Tel Aviv/Israel setzt Tabea sich mit ih- rem Social Business «KitePride» und ihrer Non-Profit-Organisati- on «GlowbalAct» für gepeinigteMenschen ein. Mit jeder Zeile dieses Buches werden die Leserinnen und Leser herausgefor- dert, selbst aktiv zu werden, die eigene Berufung zu entdecken und einfach mal anzufangen. Damit auf Hashtags Taten fol- gen und aus Träumen gelebteWirklichkeit wird.» Quelle: Fontis

Tabea Oppliger Gründerin und Buchautorin

Einsendeschluss: 23.9.2021 an SAM global, Wolfensbergstrasse 47, 8400 Winterthur / [email protected] Hinweise zum Wettbewerb siehe Impressum Seite 23

Sende uns eine Nachricht mit deinen Kontaktdaten und warum du das Buch von Tabea gewinnen möchtest.

09

MIT MEINEN GREN Ich mag wohl Grenzen gleicher- massen wie Grenzenlosigkeit, wo- bei der erste emotionale Impuls klar Letzterem gilt. «Grenzenlos» weckt so eine Art Sehnsucht, treibt rungen. Gott existiert auch ausserhalb von meinem kleinen Universum und wird zum Grenzgänger, indem er im- mer wieder alle Grenzen durchbricht, um uns Menschen nahe zu sein. Jesus der Grenzgänger

schon wieder vom Boden hochkom- me. Je selbstkritischer ich mein Leben betrachte, umso weniger ist es ein be- eindruckendes Boppi-Reich, sondern gleicht eher einem kleinen Mini-Fürs- tentum mit der Grössenordnung von Jim Knopfs Lummerland. Aber irgend- wie ist das auch ganz okay so. Umso mehr bin ich nämlich beeindruckt, dass der grenzenlose Gott in mir und mei- nem Land wohnen will. Und dass er ir- gendwie Platz zu haben scheint. Dabei kommt mein begrenztes Leben mit der ganzen geballten Ladung an un- limitierter Göttlichkeit in Kontakt und da beginnt es faszinierend zu knistern. Der eigene Horizont wird gesprengt durch die Gegenwart des «Es ist mög- lich»-Gottes. Gesunde Naivität «Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein

mir den Geschmack von Frei- heit auf die Zungenspitze. Und es lässt irgendwo in meiner See- le eine Saite vibrieren. Vielleicht ist das so, weil man sich im Leben – je länger man auf dieser fan- tastischen Lebensreise unterwegs ist – mit der eigenen Begrenzung konfrontiert sieht: Alles an und in mir ist begrenzt. Im Kontrast zu meinen Grenzen steht Gott mit seiner Unbegrenztheit. Ich habe die junge, euphorische Phase meines Lebens, wo ich im verklärten Denken vorwärtstaumelte, dass mir nichts unmöglich und alles erreich- bar sei, nun doch schon ein Weilchen hinter mir gelassen. Meine ganze Er- fahrungswelt lässt mich spüren, dass es Dinge gibt, die ein «nie»- oder ein «nie mehr»-Schild tragen. Irgendwann habe ich meinen letzten Salto ins Gras gemacht und mit erdrückend grosser Wahrscheinlichkeit die Zeit der Fami- liengründung hinter mir gelassen. Mein kleiner Finger bleibt nach dem Volley- ball-Unfall definitiv krumm und die An- zahl der grauen Haare werden tenden- ziell eher mehr als weniger. Wenn ich mein Leben als ein Land betrachte, das Gott mir zum Bewirtschaften anver- traut hat, dann sehe ich mich immer mehr mit den Grenzen dieses Boppi- Reiches konfrontiert. Mein Körper – der Spiegel Der Körper spiegelt das einfach immer als erstes. Zum Beispiel kriege ich nicht mehr die Anzahl Liegestützen hin, die ich mit zwanzig mit einer verächtlichen Leichtigkeit geschafft habe. Ich been- de meine Liegestütze bereits mit einem heimlichen Dankgebet, wenn ich nur

Auch bei Jesus hat sich diese Eigen- schaft zutiefst manifestiert – so hat Je- sus immer wieder die kulturell vorherr- schenden Konventionen durchbrochen, um Menschen nahe zu kommen. Das zeigt sich von der ausgestossenen Sa- mariterin am Brunnen über den Besuch beimZöllner Zachäus bis hin zu dem an Aussatz erkranktenMann, den er nicht auf Distanz hielt, sondern berührt hat. Jesus hat jede mögliche Grenze über- wunden, um Menschen zu begegnen. Er hat die Grenzen der damals vorherr- schenden Denkvorstellungen gesprengt und herausgefordert. Mit seiner Auf-

Realist», hat David Ben Gurion ge- sagt. Als Kind habe ich genau das erlebt, als durch die Gebete mei- ner Eltern

erstehung hat er die Begren- zung zur Got- tesbez i ehung und zum Got- tesreich nieder- gerissen und einen Weg er- möglicht.

Gott existiert auch ausserhalb von meinem kleinen Universum.

Ein Versprechen mit Folgen

die körperlichen Einschränkungen, die mich wohl ein Leben lang beglei- tet hätten, selbst für die Ärzte auf un- erklärliche Art und Weise verschwan- den. Wahrscheinlich trage ich in mir genau deshalb so eine starke Faszina- tion für das grenzenlose Wesen Gottes. Nur habe ich mich entschieden, mei- nen Glauben nicht von diesen Wun- dern, von Gottes Tun oder Nicht-Tun, abhängig zu machen. So würde ich den Satz von David ergänzend abwan- deln in: «Wer nur aufgrund von Wun- dern glaubt, ist ein Opportunist.» Und das wiederum ist dann wohl nahe an Bockmist. Denn dann durchläuft Got- tes Grösse in meinem Glauben ständig Schwankungen. Dabei ist seine Dimen- sion nicht abhängig von meinen Erfah-

Wahrscheinlich bin ich auch deshalb so fasziniert von der Grenzenlosigkeit, weil sie uns Menschen von Gott offe- riert wird. Im Alltag spüren wir aber diese vielleicht manchmal unangeneh- me auszuhaltende Spannung, die im- mer dort auftritt, wo Göttliches auf Menschliches trifft. Im Leben dort zu sein, wo das «Schon Jetzt» des künf- tigen Himmelreiches auf die irdische «Noch nicht»-Realität aufschlägt und sich vermischt, da ist die Spannung vor- programmiert. Auch meine Mutter war damals mit einer Spannung konfron- tiert und betete deswegen: «Lieber Gott, wenn du meinen Sohn nicht heilst, wer-

10

NZEN VERSÖHNT de ich es von nun an akzeptieren. Falls du ihn aber heilst, soll sein ganzes Le- ben dir gehören.» Ein Gebet, dass mei- nem Leben eine massive Richtungsän- derung gegeben hat. Aber ein Gebet, das auch die Spannung und die damit verbundene Frage an die Oberfläche trägt: Wo bestürme ich Gottes Thron und wo akzeptiere ich auch Dinge als gegeben und versuche, den Vorausset- zungen entsprechend das Beste daraus zu machen? Immer von Gott zu fordern und zu glauben, dass noch zu Lebzei- ten alles durch ihn umgekrempelt wer- den muss, hat zwei Seiten: Einerseits scheint es glaubensstark, ist aber auch schlicht in fromme Düdeleien verpack- te Ignoranz. Es ignoriert die Geschich- ten von Gläubigen, die vor uns gelebt haben und deren Gebete nicht einfach grenzenlos erhört worden sind – von den Jüngern bis hin zu unzähligen na- menlosen Märtyrern. Entwicklung durch Grenzen des Miteinan- der aufbauen und gesunde Beziehungen leben kön- nen. Schon in kleinsten Din- gen wie beim Schlafen be- nötige ich Grenzen – ich mag es beispielsweise, die Grenze mei- ner Matratze zu spüren. Die menschliche Seele und unsere Persönlichkeit können sich nur in ge- sunden Grenzen gesund entwickeln.

selbstgebastel- ten Begrenzun- gen gesteckt habe, wäh- rend draussen pulsierendes Neuland auf mich gewar- tet hätte. Beim Besäen und Be- ackern dieses

Landes entsteht oft keine Frucht, des- halb heisst es ja auch: «Nehmt Neu- land unter den Pflug und sät nicht in die Dornen!» (Jeremia 4,3). Ich darf lernen, die Grenzen, die Gott meinem Boppi-Land gesetzt hat, fröh- lich zu umarmen und mich da nieder- zulassen. Gleichzeitig darf ich mich mu- tig aufmachen, meine Grenzzäune in bestimmten Lebensbereichen weiter zu stecken oder gar niederzureissen, mei- nen Horizont zu erweitern, Jesus dort- hin nachzulaufen, wo er mir schon vo- rausgegangen ist. Mein inneres Streben zieht mich nicht mehr wie früher in die Richtung, grenzenlos leben zu können. Ich sehne mich danach, grenzenlos ver- söhnt zu leben.

Ob man die persönliche Zuneigung eher der Grenzenlosigkeit oder den Grenzen zukommen lässt, ist wohl stark der eige- nen Historie und dem Persönlichkeits- profil geschuldet. Es ist ein wesentlicher Schlüssel für ein zufriedenes und erfüll- tes Leben, dass ich mich ehrlich mit den mir gegebenen Grenzen auseinanderset- ze. Dass ich mich auf die Suche mache, wo Gott mein Land begrenzt hat und ich gut daran tue, mich an diesem Rah- men zu orientieren. Ich soll aber auch entdecken, wo er mich anschiebt und ermutigt, zu neuen Horizonten aufzu- brechen. Ich bin in meinem Leben zwei Dynamiken begegnet: Der einen, wo ich Dinge wollte, die Gott mir gar nicht zugedacht hatte. Aber auch der ande- ren, wo ich ängstlich oder lethargisch in

Grenzen sind letztendlich nicht einfach nur schlecht. Ich glaube, dass sich die menschliche Seele und unsere Persön- lichkeit nur in gesunden Grenzen ge- sund entwickeln können. Grenzen sind nötig, damit wir überhaupt ein gesun-

Andreas Boppart

Andreas „Boppi“ Boppart, TheologeMA in praktischer Theologie und Sekundar- lehrer phil. II ist im St. Galler Rheintal aufgewachsen und lebt heute in Wil ZH. Zusammen mit seiner Frau Tamara hat er vier Kinder. Seit November 2013 leitet er die konfessionell unabhängige Missions- und Schulungsbewegung Campus für Christus Schweiz mit Sitz in Zürich.

Andreas Boppart liebt es, mit anderen zusammen Gottes Liebe ganzheitlich in die Welt hineinzutragen, damit Menschen durch die persönliche Begegnung mit Gott seine transformatorische Kraft erfahren. Quelle: www.cfc.ch

11

IMPRESSUM Redaktion & Layout SAM global Luisa Vonarburg Druck Jordi AG Herausgeberin SAM global Wolfensbergstrasse 47 CH-8400 Winterthur 052 269 04 69 [email protected] www.sam-global.org Auflage 6’600 Exemplare / vier Mal jährlich Bildquellen Bildarchiv SAM global unsplash.com / Julia Joppien Bankverbindung Schweiz SWISS POST – PostFinance Nordring 8, CH-3030 Bern, Schweiz PC-Konto: 84-1706-5 IBAN: CH58 0900 0000 8400 1706 5 Clearing-Nr.: 09000 SWIFT / BIC: POFICHBEXXX

SRI LANKA 11. September 2021 in Winterthur EINLADUNG

10 Jahre Treue Gottes

Hier findest du weitere Informationen und die Anmeldung.

Hinweise Wettbewerb Seite 9: Einsendeschluss: 23.9.2021

Die Bücher werden unter sämtlichen Einsendungen verlost. Die Gewinner/innen werden persönlich be- nachrichtigt. Über die Verlosung wird keine Korrespondenz geführt. Mitarbeitende und Vorstandsmit- glieder von SAM global und deren Angehörige sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Einsendungen aus dem Ausland können leider nicht berücksichtigt werden. Mit der Teilnahme an der Verlosung erklärst du dich damit einverstanden, dass deine Personendaten von SAM global verarbeitet werden und zu Marketingzwecken verwendet werden können. Diese Da- ten werden nicht an Dritte weitergegeben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Bücher wurden von Tabea Oppliger gesponsert. Vielen Dank!

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SAM global ist eine Non-Profit-Organisation, die 1889 gegründet wurde. Mit zahlreichen europäischen und einheimischen Mitarbei- tenden leistet SAM global in elf Ländern nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit: In Angola, Brasilien, Burkina Faso, China, Guinea, Indien, Kambodscha, Kamerun, Nepal, Sri Lanka und im Tschad. Weltweit arbeitet SAM global mit evangelischen Kirchen, einheimi- schen Partnerorganisationen und Hilfswerken zusammen. Zudem engagieren sich viele ehrenamtlich Mitarbeitende für die weltweite Arbeit. SAM steht für S ERVE A ND M ULTIPLY: Wir möchten Menschen verschiedener Kulturen und Religionen mit all ihren Bedürfnissen nach dem Vorbild von Jesus ganzheitlich dienen, sodass sie Gottes Liebe praktisch erfahren und wiederum mit anderen teilen. Der Hauptsitz von SAM global ist in Winterthur (Schweiz). Weitere Vertretungen gibt es in Ecublens (Schweiz), Frankreich und Belgien.

FOLGEN

Nächste Ausgabe im November:

@samglobal.org_de

Code d'honneur Ehrenkodex

23

Gnädig und barmherzig ist der HERR; gross ist seine Geduld und grenzenlos seine Liebe!

Psalm 145,8